Kanne (pitcher): Was ist das?
Die Frage nach der Natur der Nepentheskanne ist wirklich berechtigt, denn nicht nur in Asien, sondern auch bei uns wird die Kanne gelegentlich als "Blüte" bezeichnet. Die Nepentheskanne ist aber -so die einfachste Erklärung- ein umgewandeltes Blatt! Natürlich gibt es auch Deutungen, die die Kanne als etwas ganz Neues sehen, aber die Entwicklungsgeschichte widerspricht solchen Deutungen.
Bau eines Laubblattes
Ein Blatt ohne Sonderbildungen besteht aus dem Blattgrund (= Ansatz am Stängel); nicht selten ist dieser Blattgrund scheidig erweitert. Der Blattgrund (leaf base) geht über in Blattstiel (petiolus) und Blattspreite (lamina) und endet in der Blattspitze (leaf apex).
Der englische Ausdruck "leaf base" ist leider zweideutig, denn auch der Spreitengrund (Uebergangszone Blattstiel-Blattspreite) wird häufig als "leaf base" bezeichnet.
Ein Nepenthesblatt besteht ja aus 3 Hauptteilen: Grüner, flächiger Teil; Ranke; Kanne mit Deckel und Spitzchen.
Der grüne, flächige Teil entspricht dem flächig entwickelten Blattgrund.
Die Ranke ist der Blattstiel.
Die Kanne entspricht der Blattspreite.
Verbinden wir bei einem flächigen Blatt die Blattränder, entsteht eine Tüte. Die ursprüngliche Blattoberseite ist nun zur Innenseite des Trichters geworden (=epiascidiates Blatt).
Bei Nepenthes ist die Kanne insofern komplizierter, als die Ränder nicht direkt verwachsen, sondern durch eine zusätzliche Zone verbunden sind. Es ist dies die Zone zwischen den oft geflügelten Längskanten (=Blattränder).
Sonderformen von Nepenthes distillatoria
Bei dieser Sonderform ist der ursprüngliche Bauplan gut ersichtlich: Der Blattgrund ist flächig-länglich entwickelt (=Unterblatt, "leaf base"); es folgen Blattstiel und löffelförmige Spreite (=Oberblatt).
Der nächste Schritt! Bei dieser Sonderform ist bereits annähernd eine Hohlform vorhanden. Das rückwärtige Spitzchen (spur, leaf apex) ist deutlich zu erkennen. Der Deckel ist -wenn auch hier noch nicht abgetrennt- als der das Spitzchen überragende Teil zu betrachten.