Kannenpflanzen, Nepenthaceae

Die Familie der Kannenpflanzen (Nepenthaceen) erstreckt sich über Südostasien bis nach Nordaustralien. Die westlichsten Arten wachsen in Madagaskar. Mannigfaltigkeitszentren der Familie sind Sumatra, Borneo und Teile der Philippinen.

Wieviele Arten gibt es? Dies ist nicht einfach abzuschätzen. Es mögen um die 100-120 Arten sein. Einerseits werden immer noch neue Arten entdeckt, andererseits werden Arten, die vom holländischen Monographen Danser zusammengefasst wurden, neuerdings wieder aufgespalten in eigene Arten ("Splitting"). Ob dies gerechtfertigt ist, werden zukünftige Forschungen erweisen müssen.

 

Nepenthes wächst als Strauch oder klettert als Liane. Ein Teil des Nepenthesblattes wird umgewandelt zu einer Fangkanne. Lange nicht alle Blätter tragen Kannen; gelegentlich werden Kannen sogar nur an Kurztrieben ausgebildet. Die Nepentheskanne lockt Insekten an mit Nektardrüsen auf der Unterseite des Deckels und am inneren Kragenrand, aber auch mit attraktiven Farbmustern.

Nepenthes madagascariensis bei Fort Dauphin

Attraktive Deckelunterseite mit Nektardrüsen

In die Kannen stürzen vor allem Ameisen, Termiten und viel andere Kleininsekten. Dort droht ihnen der Erstickungstod. Verdauungsenzyme bauen die Beute bis auf das Chitinskelett, das nicht aufgelöst werden kann, ab. Die Drüsen, die diese Enzyme ausscheiden und vor allem die unteren Kannenteile auskleiden, nehmen die Stoffe auch auf.

 

Der Deckel ist nicht beweglich; er schützt lediglich die wachsende Kanne und hält die sich bildende Flüssigkeit steril.

Larve (Made einer Schwebfliege?) in der Verdauungsflüssigkeit von N. macfarlanei lebend

Faszinierend ist nun aber die Tatsache, dass es vielen Insektenarten gelungen ist, die Verdauungsenzyme irgendwie zu blockieren und die Kannenflüssigkeit sogar als sicheren Wohnraum zu benutzen. Aeusserst vielfältig sind die Lebensgemeinschaften, die sich in den Kannen gebildet haben: Mückenlarven, Schwebfliegenlarven, Milben, Rädertiere, Würmer, Einzeller. Es gibt sogar Arten, die nur noch in einer Nepentheskanne leben können! Spinnen haben sich z.B. darauf spezialisiert, in die Kanne fallende Beute aufzufangen.

Forschungsarbeiten gerade der letzten Jahre ergaben neue Einsichten: Es macht den Anschein, als ob "Kanne nicht gleich Kanne" ist, d.h. dass die Kannen verschiedener Arten eventuell sogar unterschiedliche Fangpräferenzen ausgebildet haben, so z.B. die Spezialisierung auf den Fang von Termiten. Für den Absturz von Insekten werden Wachsschichten verantwortlich gemacht, neuerdings auch der feuchte oder regennasse Kragen (Peristom), der das Anhaften nur noch sehr wenigen Ameisenarten möglich macht. Schliesslich verfügen gewisse Tiere (Spinnen, Ameisen), die ungeniert in die Kannenflüssigkeit eintauchen und sich dort sogar verstecken können, wahrscheinlich über Oberflächeneigenschaften, die die Benetzung herabsetzen oder verhindern.