Mittelmeervegetation

Geophyten: Seht uns an, bald sind wir weg!

Geophyten (= Erdpflanzen) werden auch etwa Kryptophyten (= verborgene Pflanzen) genannt. Die Ueberdauerungsknospen sind eben "verborgen" in der Erde. Es sind Pflanzen, die "einziehen" und im Boden ungünstige Zeiten (Kälte, Trockenheit) in Form von Knollen, Zwiebeln oder Rhizomen (= unterirdische Sprossteile) überdauern.

 

Im Frühling schiessen sie überall aus dem Boden, die Lilien, Schwertlilien, Orchideen und schmücken die Landschaft. Folgt die Sommerdürre, sind die meisten Kostbarkeiten wie weggefegt; sie warten im Boden auf Herbst- oder Frühlingsregen.

Liliengewächse (Liliaceae s.l., d.h. inklusive Asphodelaceae, Hyacinthaceae, Alliaceae...)

Felsen-Tulpe (Tulipa saxatilis, auch als Tulipa bakeri bezeichnet)

Tulpen auf der Omalos-Hochebene, Kreta

Die Felsentulpe wird gelegentlich unterteilt in Felsen-Tulpe (mehr in Tieflagen; Staubbeutel braun) und in Bakers Tulpe (Hochlagen; Staubbeutel gelb). Aufgrund der Lage (Omalos-Hochebene 1000 m über Meer; gelbe Staubbeutel) müsste diese Tulpe als Tulipa bakeri bezeichnet werden. Tulpen sind Zwiebel-Geophyten.

Affodill (Asphodelus aestivus); Bafasee, Türkei

Affodill-Blüten, Portugal

Spindelartige Reserveknollen von Asphodelus aestivus

Der Botaniker Rikli schreibt: "Im Glanz der Frühjahrssonne ergeben die Affodillfluren entzückende Bilder von seltener Ueppigkeit und vornehmer Pracht. Welch Uebermass an Lebenskraft, welch herrliche südliche Stimmungen verschaffen sie nicht, wenn in wenigen Tagen all diese ungezählten Blüten sich öffnen, wenn der frische Seewind darüber weht und sie zum Wogen bringt".

Im Altertum war den Griechen der Affodill ein Symbol von Tod und Auferstehung. Homer bezeichnete die Unterwelt als "Asphodeluswiese".

Asphodeline lutea (links); Asphodelus und Asphodeline, Türkei (rechts)

Asphodelus wird von Schafen und Ziegen gemieden, was ihre grosse Verbreitung erklärt! Schon im Altertum gab es Asphodelus-Wiesen, ein Hinweis, dass schon damals grosser Druck auf Landschaft und Vegetation ausgeübt wurde.

Urginea maritima, Peloponnes

Die Meerzwiebel (Urginea maritima) ist ein Zwiebel-Geophyt. Oft ragen die oberen Teile dieser kopfgrossen Zwiebeln aus dem Boden heraus und sind daher gut zu sehen. Ganze Hänge sind von den schlanken Blütenständen im Herbst geschmückt.

Zwiebeln von Urginea maritima

Die fleischigen Zwiebelschuppen enthalten ein Herzmittel (Scillae bulbus mit Herzglykosiden, Bufodienolide). Aber Achtung: Rote Meerzwiebeln sind giftig. Sie enthalten Stoffe, die das Zentralnervensystem vergiften und wurden deshalb auch als Rattengift verwendet.

Narzissengewächse (Amaryllidaceae)

Auch die Familie der Amaryllidaceen stellt, wie viele monokotyle Familien, zahlreiche Geophyten.

Pancratium maritimum, Peloponnes

Die Dünen-Trichternarzisse oder Pankrazlilie ist ein Dünenbewohner (Zwiebelgeophyt) mit grosser, weisser Blüte und trichterförmiger Nebenkrone.

 

Dünen bilden im Mittelmeergebiet gefährdete Oekosysteme. Sie sind unbedingt zu schützen.

Schwertliliengewächse (Iridaceae)

Gladiolus spec. (Rhizomknolle)

Iris (Türkei) und Gynandriris (Portugal)

Iris-Arten haben meist Rhizome.

Gynandriris wurde früher als Iris betrachtet. Heute trennt man Gynandriris als eine eigene Gattung ab, denn Gynandriris hat -unter anderen Merkmalen- Rhizomknollen mit faseriger Hülle.

Orchideen (Orchidaceae)

Auch Orchideen bilden Rhizome und Wurzelknollen. Leider werden im Mittelmeergebiet immer noch stärkehaltige Orchideenknollen ausgegraben! Im Boden sind bei Orchideenpflanzen meist 2 Knollen nebeneinander vorhanden: Die eine, schrumpfende Knolle bildet den diesjährigen Blütentrieb; die zweite Knolle ist für die nächstjährige Vegetationsperiode bestimmt und enthält die Erneuerungsknospe. Bei den Orchideen gibt es auch Arten mit mehrfach verzweigten Knollen.

Orchis anatolica und Orchis papilionacea

Serapias spec. (Zungenstendel)

Himantoglossum hircinum (Westalpen)

Ophrys lutea und Ophrys sicula

Ophrys speculum, Ophrys bombyliflora, Ophrys reinholdii