Käfer (Coleoptera)

Pillenwälzer (Sisyphus schaefferi)

Pillendreher und Pillenwälzer gehören zu verschiedenen Gattungen der Familie der Blatthornkäfer (Scarabaeidae):

Geotrupes, Scarabaeus, Sisyphus, Copris, Onthophagus

 

Berühmt ist der "heilige Pillendreher" (Scarabaeus sacer) aus Aegypten, verehrt als Glücksbringer. Sisyphus schaefferi L. hat ein sehr weites Areal von Europa, Nordafrika bis nach China.

 

Der Name "Sisyphus" kommt nicht von ungefähr, denn der Käfer versucht oft lange und vergeblich, die Kotpillen an die richtige Stelle zu befördern. Jean-Henri Fabre (1899) schilderte es treffend so:

"Nul ne l`égale en vive prestesse, gauches culbutes et soudaines dégringolades sur des voies impossibles où son entêtement le ramène toujours". prestesse (Schnelligkeit, Flinkheit); culbutes (Purzelbäume); dégringolades (Herunterpurzeln); entêtement (Starrsinn, Sturheit)

Merkmale von Sisyphus schaefferi

Kopfschild (Clypeus): Auffällig gross, abgerundet dreieckig, punktiert

Halsschild (Pronotum): Stark gewölbt, punktiert

Flügeldecken: Je 8 Streifen

Vorderbeine: Schiene (Tibia) breit, mit Zähnen (Grabbeine)

Hinterbeine: Hinterschenkel (Femur) keulenförmig verdickt; Hinterschiene (Tibia) stark gekrümmt (Kotkugel wird umfasst)

Pillenwälzer aus Andalusien (Alcornocales)

Links: KS  Kopfschild; HS  Halsschild;  St  Streifen der Flügeldecken    Rechts: Vorderschiene mit Zähnen

Pillenwälzer aus dem Plattenseegebiet (Ungarn)

Sche  Keulenförmig verdickte Hinterschenkel    Schi  Stark gekrümmte Hinterschiene

Wie wird die Kotpille befördert?

Jean-Henri Fabre (1899):

"La mère, reconnaissable à sa taille un peu plus forte, s`attelle à la place d`honneur en avant. Les longues pattes postérieures sur le sol, les antérieures sur la bille, elle tire à elle en reculant. Le père pousse à l`arrière dans une position inverse, la tête en bas..."

s`atteler (anspannen, anschirren)

 

Jacobs/ Renner (1974) ergänzten:

"Wegwälzen oft durch Männchen und Weibchen gemeinsam, dabei steht ein Tier (oft das männliche) mit den Vorderbeinen auf der Pille, zieht nach rückwärts, der Partner schiebt (stösst) gegenüber, Hinterbeine auf der Pille, Vorderbeine am Boden".

Ergänzungen zur Lebensweise von Sisyphus

Die Käfer werden fast 1 Jahr alt! Beim Eingraben einer Brutpille beginnt meist das männliche Tier und unterwühlt diese; zum Wegschaffen der Erde packen männliches und weibliches Tier an. Die Brutpille wird nun allein vom weiblichen Käfer umgeformt zu einer "Brutbirne". Ist das Ei auf die Birne gelegt, wird die Brutbirne für immer verlassen (also nur Brutfürsorge, keine Brutpflege). Ein Paar formt etwa 10-12 Brutpillen.

 

Im Laufe des Sommers erscheinen die Jungkäfer, und im Herbst graben sie sich zur Ueberwinterung ein. Futterpillen werden meist von Einzelkäfern angefertigt, dabei kommt es gelegentlich zu Rangeleien: Futterpillen werden bei Unaufmerksamkeit des Besitzers gestohlen. Futterpillen werden etwa 2-3 cm unter dem Boden vergraben und anschliessend verzehrt.

Alles ist vernetzt!

Seit über 60 Jahren wurde in 25 Departementen (Frankreich) kein Sisyphus mehr registriert. Wurde die Art einfach übersehen? Mangelndes Interesse an Insekten?

 

Sisyphus, der von Huftieren, Dachsen, Füchsen, ja von Menschen Exkremente verwertet, sollte eigentlich genügend Material vorfinden (dies besonders bei den heutigen Freizeitaktivitäten wie Pferdereiten etc.).

 

Schmeltz/Gangloff (2012, Bull. Soc. ent. Mulhouse) machen aber darauf aufmerksam, dass Wurmmittel, die dem Vieh verabreicht werden und im Kot ausgeschieden werden, kotfressende (coprophage) Insekten gefährden.

 

In vielen Biotopen ist Beweidung durchaus erwünscht um sonst nicht zu verhindernde Sukzessionen (z.B. Wiederbewaldung) aufzuhalten. Um die zusätzlich nicht erwünschte Wirkung antiparasitärer Mittel auf die Insektenfauna zu reduzieren, wird vorgeschlagen:

Beweiden zum richtigen Zeitpunkt (nicht in der Fortpflanzungs- und Wachstumsperiode gefährdeter Insekten)

 

Mit Wurmmitteln behandelte Tiere im Stall lassen bis sich keine Ausscheidungen mehr im Kot befinden (dazu die Infos der Hersteller des Mittels beachten)